Gewinnerzielungsabsicht bei kleinen Photovoltaikanlagen

Allgemeines

Bereits mit Schreiben vom 02.06.2021 hatte das Bundesfinanzministerium (BMF) eine neue Verein-fachungsregelung für kleine Photovoltaikanlagen und kleine Blockheizkraftwerke geschaffen. Allerdings mit vielen offenen Punkten.

Mit BMF-Schreiben vom 29.10.2021 wurde das Schreiben vom 02.06.2021 aufgehoben und komplett neu geregelt.

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich nun auf kleine PV-Anlagen.

Antrag auf sog. Liebhaberei

Nach dem BMF-Schreiben vom 29.10.2021 ist auf schriftlichen Antrag des Steuerpflichtigen bei bestimmten PV-Anlagen eine Liebhaberei (= fehlende Gewinnerzielungsabsicht) zu unterstellen. Der Antrag ist keine Pflicht, sondern ein Wahlrecht. Für die Ausübung des Wahlrechts zur Liebhaberei halten wir einen speziellen Vordruck bereit.

Der Antrag auf Liebhaberei kann bei PV-Anlagen, welche die nachfolgend beschriebenen Voraussetzungen erfüllen, gestellt werden.

Achtung: Dies gilt auch bei PV-Anlagen, die dauerhaft Gewinne erzielen.

Welche PV-Anlagen sind begünstigt?

Maßgebend ist nicht mehr die einzelne PV-Anlage, sondern die Summe der PV-Anlagen einer steuerpflichtigen Person.

Die Summe der PV-Anlagen einer steuerpflichtigen Person müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • installierte Gesamtleistung bis 10 kW/kWp,
  • Inbetriebnahme nach dem 31.12.2003

und

  • der von der PV-Anlage erzeugte Strom darf neben der Einspeisung in das öffentliche Stromnetz ausschließlich in den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen verbraucht werden.

Wenn diese Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt werden, kann der Antrag auf Liebhaberei gestellt werden und die Gewinne/Verluste aus der PV-Anlage sind nicht mehr zu besteuern.

Welche PV-Anlagen sind nicht begünstigt?

Die Antragsberechtigung zur Liebhaberei entfällt, wenn eine der vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllt wird.

Schädliche Tatbestände sind u.a.:

  • Gesamtleistung der Anlagen größer als 10 kW/kWp.
  • Anlage vor dem 01.01.2004 in Betrieb genommen und die erhöhte garantierte Einspeisevergütung läuft noch.
  • Der erzeugte Strom wird zu eigenen oder fremden betrieblichen/freiberuflichen Zwecken verwendet.
  • Der erzeugte Strom wird an Mieter geliefert.

Wirkung des Antrags auf Liebhaberei

Es wird unterstellt, dass die PV-Anlage ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Gewinne und Verluste (somit Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben) aus dieser PV-Anlage werden bei der Einkommensteuer nicht mehr berücksichtigt. Dies bedeutet zudem auch, dass weder eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung noch eine Anlage G hierfür abgegeben werden müssen.

Zeitliche Wirkungen

Der Antrag kann für alle offenen Jahre gestellt werden.

Wenn z.B. jetzt die Abgabe der Einkommensteuer-Erklärung 2020 ansteht, dann kann der Antrag (soweit gewünscht) bereits für 2020 gestellt werden.

Der Antrag gilt dann auch für künftige Jahre und muss nicht jährlich neu gestellt werden.

Soweit Vorjahre endgültig veranlagt worden sind, können diese Vorjahre nicht berichtigt werden.

Anders sieht dies aus, wenn veranlagte Vorjahre verfahrensrechtlich noch geändert werden können. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung) gesetzt wurde. Dann gilt der gestellte Antrag auch für diese Jahre.

Antragsfristen

Der Antrag ist bei Anlagen, die in der Zeit vom 01.01.2004 – 31.12.2021 in Betrieb genommen wurden, bis spätestens 31.12.2022 zu stellen.

Für Anlagen, die vor dem 01.01.2004 oder ab dem 01.01.2022 in Betrieb genommen wurden bzw. werden, gibt es eigene Fristen.

Wichtig: Wegfall des Betriebsausgabenabzugs

Durch die Ausübung des Wahlrechts werden die Gewinne und Verluste aus dieser PV-Anlage nicht mehr besteuert. Dies bedeutet, dass die Betriebseinnahmen aber auch die Betriebs-ausgaben nicht mehr anzusetzen sind.

Somit können künftig bei einer solchen Anlage auch die Rückbaukosten, Entsorgungskosten oder Reparaturen nicht mehr angesetzt werden.

Änderung der Verhältnisse

Wenn sich nach der Antragstellung auf Liebhaberei die Verhältnisse bezüglich der PV-Anlage ändern, dann besteht von Seiten des Steuerpflichtigen eine Mitteilungspflicht an das Finanzamt. Eine Änderung der Verhältnisse kann z.B. vorliegen, wenn die Gesamtleistung der Anlage(n) auf über 10 kW/kWp vergrößert wird.

Ab diesem Jahr müssen dann wieder Gewinnermittlungen zur PV-Anlage beim Finanzamt eingereicht werden. Mit der Folge, dass die Gewinne/Verluste ab diesem Veranlagungszeitraum wieder zu besteuern sind.

Wahlrecht zur Liebhaberei wird nicht beansprucht

Soll das Wahlrecht zur Liebhaberei nicht in Anspruch genommen werden (z.B. wegen Gestaltung mit Investitionsabzugsbetrag und Sonderab-schreibungen), dann verbleibt es bei den üblichen Regelungen.

Es sind dann wie bisher Gewinnermittlungen beim Finanzamt einzureichen und die Gewinne/Verluste sind zu besteuern.

Umsatzsteuer

Die vorgenannten Regelungen gelten ausschließlich für die Einkommensteuer. Auf die Umsatzsteuer hat dies keine Auswirkungen.

Es kann in vielen Fällen das Wahlrecht zur Regelbesteuerung oder der Kleinunternehmer-regelung ausgeübt werden.

Wenn die Einnahmen der Regelbesteuerung (19 %) unterliegen, ist die Umsatzsteuer weiterhin an das Finanzamt abzuführen. Dafür ist auch der Vorsteuerabzug möglich.