Sind die Zinsen von 6% auf Steuernachforderungen bzw. -erstattungen verfassungsgemäß?

Verzinsung von Steuernachforderungen- bzw. erstattungen

Der Zinslauf für Steuernachforderungen und -erstattungen beginnt grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, für das die Steuer festgesetzt wurde. Beispielsweise beginnt also der Zinslauf einer Steuerfestsetzung für das Jahr 2015 grundsätzlich mit Ablauf des 31.03.2017. Ergeht (oder ändert) sich der Steuerbescheid 2015 nach diesem Datum, so werden Zinsen auf die Steuernachforderung bzw. –erstattung erhoben. Die Zinsen betragen je vollen Monat 0,5 % – somit 6 % pro Jahr.

Die Verzinsung soll dabei u.a. der Abschöpfung von Zinsvorteilen dienen. Keine Rolle spielt es aber, warum die Steuerfestsetzung „so spät“ erfolgte. Auf ein Verschulden der Steuerpflichtigen kommt es nicht an. Die Zinsen werden beispielsweise auch festgesetzt, wenn das Finanzamt wegen Unterbesetzung viele Monate zur Bearbeitung der Steuererklärung benötigt.

Problemfall Außenprüfungen

Außenprüfungen beginnen oft erst Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraums, der geprüft wird. Nicht selten zieht sich auch die Prüfung (z.B. wegen Krankheit des Prüfers) über einen längeren Zeitraum hin.

Kommt es dann aufgrund der Betriebsprüfung zu Steuernachforderungen, führen die Nachzahlungszinsen aufgrund der langen Zinslaufzeiten häufig zu erheblichen zusätzlichen Belastungen. Sie können in Extremfällen sogar die eigentliche Steuerforderung übersteigen.

Neue Musterklage anhängig

Der Bund der Steuerzahler unterstützt derzeit ein Verfahren vor dem BFH, bei dem die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Nachzahlungszinsen geklärt werden soll. Argument: Der Unterschied des Zinssatzes von 6 % zum realen Zinsniveau sei inzwischen so groß, dass die von der Verzinsung mit dem Zinssatz von 6 % ausgehende wirtschaftlich ungleiche Wirkung das zulässige Maß überschreite. Auch Typisierungs- und Vereinfachungsgründe könnten den Zinssatz in diesem Zeitraum nicht mehr rechtfertigen.

Zwar sind frühere Verfahren beim BFH bzw. dem BVerfG alle gescheitert. Die Hoffnung stirbt jedoch bekanntlich zuletzt. In betroffenen Fällen sollte daher Einspruch eingelegt und Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

Hinweis:

Wer eine Steuererstattung vom Finanzamt erhält, wird sich i.d.R. über die vergleichsweisen hohen Zinsen von 6 % pro Jahr freuen. Ein Einspruch ist hier nicht erforderlich.