Einkunftserzielungsabsicht bei langjährigem Leerstand einer Wohnung

Bereits mit Urteil vom 09.07.2013 (Az.: IX R 48/12) hatte der BFH entschieden, dass ein besonders lang andauernder, strukturell bedingter Leerstand einer Wohnimmobilie dazu führen kann, dass die vom Steuerpflichtigen aufgenommene Einkünfteerzielungsabsicht ohne sein Zutun oder Verschulden wegfällt. Dies ist der Fall, wenn das leerstehende Gebäude zur Erreichung der Vermietbarkeit grundlegend saniert werden müsste, dies jedoch aufgrund des aus dem Überangebot von Immobilien resultierenden niedrigen Mietpreisniveaus als unwirtschaftlich einzuschätzen ist, so dass eine Vermietung in absehbarer Zeit objektiv nicht möglich sein wird.

Für betroffene Vermieter ist diese Rechtsprechung äußerst negativ. Sie sind nicht nur durch eine unvermietbare Immobilie finanziell belastet, sondern können darüber hinaus, die Verluste steuerlich nicht geltend machen.

In einem aktuellen Urteil vom 31.01.2017 (Az.: IX R 17/16) hat der BFH diese negative Rechtsprechung noch einmal bestätigt und konkretisiert.

Sachverhalt

Der Kläger aus Mecklenburg-Vorpommern erwarb 1993 eine Eigentumswohnung (84 qm, 3 Zimmer, Küche, Bad, Balkon) in einer Wohnungsanlage. Die Wohnung war zu diesem Zeitpunkt in einem völlig desolaten und maroden Zustand. Bis 1999 war die Wohnung dennoch vermietet. Seit 1999 stand die Wohnung jedoch durchgehend leer.

Der Kläger war nach seinem Sachverhaltsvortrag stets bemüht, die Wohnung zu sanieren. Dies sei jedoch aus verschiedenen Gründen faktisch nicht möglich gewesen:

· 1999: Sanierungsbeschluss der Eigentümerversammlung à Sonderumlage

· 2000: Veruntreuung der Mittel aus der Sonderumlage durch die Hausverwaltung

· 2001: Eigentümerversammlung nicht beschlussfähig

· 2005: Nur 50% der Sanierung durchgeführt (wegen Untreuefall der Hausverwaltung)

· 2008: Beauftragung Makler mit Vermietung à erfolglos, da schlechter Zustand

· 2012: Eigentümerversammlung nicht beschlussfähig (keine Erreichbarkeit vieler Eigentümer)

· 2014: Erneuter Sanierungsbeschluss der Eigentümerversammlung à keine Umsetzung mangels geleisteter Sonderumlagen vieler Eigentümer

Der Kläger machte jährlich zwischen ca. 5.000 € und ca. 10.000 € Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt versagte die steuerliche Berücksichtigung mangels Einkunftserzielungsabsicht.

Das FG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 04.04.2016, Az.: 3 K 44/14) bestätigte die Rechtsauffassung des Finanzamts. Es stellte fest, dass es dem Kläger spätestens seit 2005 nicht möglich war, die Vermietbarkeit der Wohnung herzustellen. Ihm fehlte wegen der fehlenden Mitwirkung der übrigen Eigentümer schlicht die Macht, das Objekt in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Auch künftig sei es mehr als unsicher und zeitlich nicht absehbar, ob die Wohnungsanlage saniert werden kann. Nach der eingangs erwähnten BFH-Rechtsprechung sei daher von einer fehlenden Einkunftserzielungsabsicht auszugehen.

Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte die Rechtsprechung des FG Mecklenburg-Vorpommern. Zwar seien Aufwendungen für Wohnungen, die nach vorheriger Vermietung leer stehen, auch während des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkunftserzielung im

Zusammenhang mit dem Leerstand der jeweiligen Wohnung nicht eindeutig aufgegeben hat.

Allerdings obliege die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen dem vorinstanzlichen Finanzgericht. Dieses entscheide nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, ob im Einzelfall eine Einkunftserzielungsabsicht vorliegt. Der BFH sei an diese Tatsachenfeststellung gebunden.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung des BFH macht wieder einmal deutlich, welch große Bedeutung dem Finanzgerichtsprozess – als einziger Tatsacheninstanz – in finanzgerichtlichen Streitigkeiten zukommt. Für steuermindernde Tatsachen trifft den Steuerpflichtigen die Feststellungslast. Hier muss bereits auf Ebene des Finanzgerichts versucht werden, den Sachverhalt möglichst detailliert nachzuweisen. Diesbezügliche Versäumnisse können auf Ebene des BFH (grundsätzlich) nicht mehr nachgeholt werden. Der BFH ist an die Tatsachenfeststellungen des Finanzgerichts gebunden, solange dessen Würdigung möglich ist und nicht gegen Denkgesetze verstößt.

Hinweis:

Eine weggefallene Einkunftserzielungs-absicht kann auch wieder neu vorhanden sein. In betroffenen Fällen sollte daher versucht werden, möglichst exakt darzulegen, ab wann die Einkunftserzielungsabsicht wieder neu vorlag. Ab wann also beispielsweise eine Sanierung der Immobilie wieder als objektiv möglich (und tatsächlich gewollt) angesehen werden kann.